Hoodoo Overload

Den Mittwoch haben wir mit einem Frühstück im Subway von Kanab gestartet. Amerikanischer hätt‘s dort nicht sein können mit einer Bedienung hinter der Theke, die den Eindruck vermittelte, als hätte sie Kanab noch nie verlassen und mit nur so bedingt einsetzbaren kognitiven Kapazitäten, dass es gerade noch zum Belegen eines Sandwiches reichte. Und wie so oft üblich in Ketten wie diesen oder auch beim Frühstück in den Motels ist Plastik allgegenwärtig. Da wird auch noch das Sandwich in ein Plastikkörbchen gelegt, Soft Drinks und Kaffee gibt‘s in meist überdimensionalen Wegwerfbehältnissen mit Plastikdeckeln, damit während der Fahrt auch ja nichts verschütt geht. Und wir sehen uns mit der Abschaffung von Ohrstäbchen und Zahnstochern als die Helden des Umweltschutzes. Da gäb‘‘s woanders noch weit mehr Potential – das steht fest. Welcome to Planet Plastic!

Tagesordnungspunkt hinsichtlich Naturspektakeln sollte heute der Zion Nationalpark sein. Obwohl der Besuch für mich nicht der erste war, ist die Schönheit dieses Park doch immer wieder faszinierend – auch wenn man nur die Scenic Viewpoints abfährt. Schon bei der Einfahrt in den Park eröffnet sich dem Besuch die Checkerboard Mesa mit ihren wuchtigen Felsformationen, mit ihrer einzigartigen Gesteinsstruktur. Es lässt sich nur erahnen, wie viele Autos und Menschenmassen sich in den Sommermonaten durch diesen Park schieben. Schon an diesem Vormittag war nicht gerade wenig los. Immer noch allgegenwärtig sind die Cruise America‘s und El Monte‘s und bei jedem dieser entgegenkommenden Motorhomes denke ich an unsere vergangenen USA-Urlaube.
 
Zion Natl. Park
 
Nun, auch dieses Mal war der Zion Nationalpark wieder einen Besuch wert und mit den aufgefrischten Erinnerungen im Gepäck ging‘s dann über den Scenic Bayway 89 Richtung Bryce Canyon Nationalpark. Auf dem Weg dorthin wollten wir einen kurzen Stopp in Orderville in der deutschen Bäckerei Forscher einlegen. Ich sah förmlich schon das deutsche Brot und jede Menge süßer Teilchen vor meinem geistigen Auge. Umso enttäuschter war ich allerdings, als der Parkplatz leer und an der Tür ein Zettel mit der Information hing, dass die Bäckerei vom 21. Oktober 2019 bis 20. April 2020 geschlossen hat. Aber nicht nur die deutsche Bäckerei sonder auch das ein oder andere Restaurant oder Motel hatte geschlossen. Anscheinend lohnt es sich außerhalb der Saison nicht mehr, aufzumachen. Die Strecke zum Bryce Canyon Nationalpark führte uns durch schmeichelnde Landschaften mit herbstlichen Farben. Einfach nur schön!
 
Schon vor den Pforten des Bryce Canyon wird man vom Red Canyon empfangen und auf die Naturschönheiten eingestimmt, die noch vor einem liegen.
 
Red Canyon

Im Bryce Canyon haben wir zunächst am Rainbow- und Yovimpa Point einen Halt eingelegt, um die Hoodoo-Wälder auf uns wirken zu lassen. Am Bryce- und Inspiration Point ergibt man sich schließlich dem Hoodoo-Overload. Der Bryce Point wartet mit einer Aussichtsplattform auf, an die ich mich während der letzten Besuche nicht erinnern kann. Für mich war‘s ein mulmiges Gefühl bis ganz vorne ans Geländer zu gehen und den monumentalen Ausblick zu genießen, weil es den Anschein hat, als würde die Aussichtsplattform frei über dem Abgrund schweben. Tatsächlich befindet sich aber unter der Plattform ein Felsvorsprung. Jedenfalls fegte immer wieder eine Bö auf, wenn ich meinen ganzen Mut zusammennahm und mich bis vorne zum Geländer wagte und mein iPhone verkrampft für ein Foto in die Höhe hielt. Für mich war‘s „thrilling“, aber es schien mir, als hätten die anderen Besucher kein Problem damit.
Den 2,4 km langen Rim Trail vom Bryce Point zum Inspiration Point bin ich zu Fuß gegangen und ich habe die immer wieder neuen Ausblicke auf die schier unglaubliche Fläche mit Hoodoo‘s genossen. Jede Biegung gab einen anderen Blick auf diese kaum zu beschreibende Landschaft frei, die mit Bildern in keinster Weise vollständig zu erfassen ist. Diese Eindrücke kann man nur versuchen, mit all seinen Sinnen aufzunehmen und auf sich wirken zu lassen.
 
Bryce Canyon Natl. Park
 
Natural Bridge
 
Hoodoo Overload
 
My Roadtrip-Buddy & me
 
Auf der Rückfahrt vom Bryce Canyon haben wir bei Orderville noch einen kurzen Stopp in Joe‘s Rock Shop eingelegt und uns ein paar der Moqui Marbles gekauft, die es hier in der Gegend gibt, aber nur schwer zu finden sind. Und da uns ohnehin die Zeit fehlte, selbst auf die Suche zu gehen, haben wir dies ganz einfach bei Joe erledigt. Die Moqui Marbles werden ja anscheinend zu „spritual healings“ eingesetzt, doch Joe erzählte uns ganz trocken, dass auch die ihm bei seinen Kreuzschmerzen, die er sich über all die Jahre des Schürfens zugezogen hat, nicht geholfen hätten. Ich habe auch noch einen Utah Variscite mitgenommen, der eben hauptsächlich in Utah vorkommt und eine schöne grünliche Färbung aufweist.
 
Es war schon später Nachmittag, als wir die restliche Strecke bis zur Marble Canyon Lodge in Angriff nahmen. Eigentlich wollten wir in Kanab noch einen Happen essen, doch das Restaurant, in das wir gehen wollten, hatte geschlossen und so setzten wir unsere Fahrt Richtung Marble Canyon fort. Einen kleinen Hoffnungsschimmer auf Essen hatten wir in Jacob Lake, doch dort angekommen, mussten wir feststellen, dass das Kaff nur aus einer Tanke, einem Motel und einem Campground besteht. Weit war es bis zu unserer Unterkunft allerdings eh nicht mehr. Futter fürs Auge gab es auf der 89 South jedoch mehr als genug, denn plötzlich und ganz unverhofft eröffnet sich nach Serpentinen und einer Biegung ein wahrhaft Gänsehaut hervorrufender Ausblick auf die Vermillion Cliffs. Leider war es schon zu dunkel, um die Cliffs in ihrer vollen Schönheit bewundern zu können, doch dies wollen wir morgen nachholen und die Cliffs im strahlenden Licht des Sonnenuntergangs noch einmal bewundern. Noch ganz betört von diesem Anblick gelangten wir nach Cliff Dwellers und sehr zu unserem Erstaunen sahen wir dort ein Restaurant – und wirklich nicht mehr als dieses Restaurant – das glücklicherweise auch geöffnet hatte. Der Blick auf die Speisekarte ließ Großartiges erwarten und so gab‘s dann tatsächlich noch Burger mit Angus Beef, Süßkartoffel-Pommes und Onion Rings – und dazu ein Hop Knot Arizona IPA. Dieser ereignisreiche Tag konnte nicht besser ausklingen. Nur kurze Zeit später erreichten wir die Marble Canyon Lodge und waren einfach nur platt von den Eindrücken des heutigen Tages.
 
Marble Canyon Lodge

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